Freitag, 12. September 2014

Wie lernen Hunde?

Mach "Sitz"!

Aber was heißt das für den Hund "Mach Sitz"? Eigentlich erst einmal gar nichts, denn er versteht unsere Sprache ja gar nicht. Er muss erst nach und nach lernen, was Herrchen und Frauchen von ihm wollen, wie das funktioniert ist nicht weiter kompliziert. 

Kommando "Sitz"
Beim Hundetraining kommt die sog. klassische Konditionierung zum Einsatz. Vereinfacht erklärt heißt das am Beispiel "Sitz":
Immer wenn der Hund sich hinsetzt, gibt es eine Belohnung (Futter, Spielzeug, Streicheleinheit, etc.) und es folgt eine Aneinanderreihung von Tönen, das "Sitz". Das Ganze wird solange wiederholt, bis der Hund seine Handlung, das Hinsetzten, mit der Belohnung in Verbindung bringt. Er hat gelernt, wenn ich mich hinsetzte gibt es Futter, also bietet er das Verhalten bald schon von sich aus an. Nach und nach lernt der Hund die Tonfolge "Sitz" auswendig und verbindet auch diese mit seiner Handlung. Dadurch kann er die Handlung nun auch auf Kommando ausführen. Viel schneller stellt er allerdings eine Verknüpfung zu einer Geste oder einem Handzeichen her, da Hunde eine sehr gute Beobachtungsgabe haben und sich untereinander primär durch Körperhaltung und Gesichtsmimik verständigen. Wird also schon von Anfang an ein Handzeichen für das Kommando "Sitz" mit eingebaut (z.B. ein erhobener Zeigefinger) wird der Hund dadurch unterstützt und lernt schneller. Denn das Problem bei Stimmzeichen ist, dass wir Menschen nun einmal einfach gerne und viel reden, der Hund muss also immer erst einmal herausfiltern, was gemeint ist, wohingegen eine Handbewegung klar und deutlich ist. 
Ein kleines Beispiel hierfür: im Training sagte ich zu meinem Hund einmal folgenden Satz: "Hopp, komm, mach jetzt endlich "Sitz"!" 
"Hopp" ist für ihn "Spring über das Hindernis", da war aber weit und breit keines zu sehen, "Sitz" steht für "Setz dich hin", "komm" heißt "Komm zu mir", er war ja schon da... und "mach jetzt endlich" konnte er natürlich nicht zuordnen. Es ist also wenig verwunderlich, dass der Hund mich ansah, nach dem Motto: "Weißt du jetzt dann irgendwann auch mal was du willst?!" ;)
Man kann es dem Hund also auch schwer machen...







Ein weiteres Problem des Menschen ist es, dass wir einfach furchtbar ungeduldig sind. Kommt der Hund nicht sofort darauf, was wir von ihm wollen, helfen wir ihm auf die Sprünge, indem wir z.B. irgendwohin zeigen. Gerade beim Erlernen neuer Kommandos ist das nachteilig, da das Einzige, was der Hund lernt folgendes ist: "Wenn ich mich nur lange genug dumm anstelle, macht Herrchen/Frauchen die Arbeit für mich und ich muss mich nicht anstrengen". Besser ist es abzuwarten und den Hund selber nachdenken und ausprobieren zu lassen, dann hat der Hund auch einen größeren Lernerfolg, wenn er sich alles selbst erarbeitet hat.

Meiner Meinung nach gibt es keine "dummen" Hunde, sie sind alle clever genug etwas zu lernen, jeder Hund hat einfach seine eigene Herangehensweise an eine Aufgabe und manche brauchen halt einfach länger als andere. Das hat aber teilweise auch mit der Geschichte der jeweiligen Rasse zu tun, es gibt Hunde die dazu gezüchtet wurden, mit dem Menschen zu interagieren, z.B. Hütehunde, andere Rassen sind selbstständig und müssen auch einmal alleine Entscheidungen treffen können, z.B. Jagdhunde, sie müssen schnell handeln und können nicht jedes Mal zurückgelaufen kommen: "Herrchen, was soll ich denn jetzt machen? Der Fuchs beißt ja zurück!!!" 

Auch das Alter eines Hundes hat Auswirkungen auf sein Lernverhalten.

Welpen und Junghunde:
In diesem Alter lernen Hunde sehr schnell, sie sammeln noch jeden Tag neue Erfahrungen, sind äußerst neugierig und verspielt. Sie probieren verschiedenste Verhaltensweisen aus und sind deshalb oftmals "kreativer" als ausgewachsene Hunde.

Ausgewachsene Hunde:
Diese Hunde haben meist schon ein bestimmtes Verhaltensrepertoire. Gestellte Aufgaben versuchen sie oftmals mit schon bekannten Verhaltensmustern zu lösen. Sie brauchen darum oft länger, wenn es darum geht etwas ganz Neues auszuprobieren. Das heißt aber nicht, dass man ihnen nichts mehr beibringen kann, Hunde können ihr ganzes Leben lang noch lernen.

Positive und negative Erfahrungen

Das Lernen muss nicht immer mit Belohnungen verknüpft sein. Macht ein Hund eine schlechte Erfahrung, stellt er auch dazu eine Verknüpfung her.
Ein Beispiel dazu: 
Ich war mit meinem Hund spazieren und wir kamen an einer Kuhweide vorbei, mein Hund hatte zuvor noch nie eine Kuh gesehen. 
Eine Kuh stand direkt am Zaun und mein Hund rannte auf sie zu. Da er schon von Geburt an ein Augenproblem hat und schlecht sieht, sah er den Elektrozaun nicht und rannte direkt hinein. Seitdem verbindet er Kühe mit Stromschlägen, er hat gelernt: immer wenn ich diesem Tier zu nahe komme, bekomme ich einen Schlag. Die Folge: es ist fast ein Ding der Unmöglichkeit mit ihm beim Wandern über eine Kuhweide zu laufen, vor allem da die Kühe meist neugierig angelaufen kommen.

Verhaltensmuster und Musterbruch

Manchmal kann es auch passieren, dass man im Training eine Pattsituation erreicht. Mein Hund ist noch nie besonders gerne beim Agility durch die Tunnel gelaufen. Da wir dort immer wertvolle Zeit verloren hatten, begann ich im Training Futter in den Tunnel zu werfen, wodurch der Hund natürlich hinterher stürzte, das hatte zunächst den gewünschten Effekt, doch nach und nach bildete sich ein neues Verhaltensmuster heraus. Der Hund lernte: "Wenn ich den Tunnel verweigere gibt es Futter" Das Ergebnis des Ganzen, der Hund lief nur noch durch den Tunnel, wenn ich Futter hineinwarf. Es war nicht mehr möglich ihn auf Kommando hindurch zu schicken. Also musste ich dieses Muster durchbrechen, indem ich etwas völlig anders machte. In diesem Fall hieß das: das Training für dieses Hindernis noch einmal ganz von Vorne aufzubauen, den Hund vor dem Tunnel abzulegen und ihn von der anderen Seite hindurch zu rufen. Erst, wenn er den Tunnel komplett passiert hatte, gab es die Belohnung.

Tricktraining mit dem Hund

Da ich ja in nächster Zeit ein paar Tricks vorstellen möchte, hier noch einmal die Grundlagen, auf die ich aufbaue:

Hunde haben über den Tag verteilt immer wieder Aktivitäts- und Ruhephasen. Ein Hund der gerade von einem Spaziergang kommt, will in aller Regel erst einmal seine Ruhe haben, genauso wie ein Hund der gerade erst gefressen hat. Das Training sollte also idealerweise dann angesetzt werden, wenn der Hund ausgeruht ist. Ein hungriger Hund ist natürlich auch gleich viel motivierter, wenn es darum geht, sich Futter zu verdienen, als ein satter Hund.

Im Gegensatzt zum Gehorsamkeitstraining steht beim Tricktraining bei mir Spaß und sinnvolle geistige Beschäftigung des Hundes im Vordergrund, ich arbeite generell nur mit positiver Bestärkung 
und lege dazwischen auch immer ausgedehnte Spielpausen ein.

Jeder Hund springt auf andere Belohnungen besser an. Meist eignet sich jedoch Futter am Besten. Die Stücke sollten so klein sein, dass der Hund nicht kauen muss, also mundgerechte Häppchen, wenn Ihr dem Hund immer gleich einen ganzen Kauknochen hinwerft, kommt Ihr nicht besonders weit.

Der Aufbau ist immer der Gleiche:

Hund zeigt gewünschtes Verhalten -> Bestätigung* -> Belohnung -> Nennen des Kommandos

*bei mir das Wort "Fein", kann aber z.B. auch ein Klicken beim Klickertraining sein. Das hat den Vorteil, dass ich die Bestätigung besser timen kann, da der Hund ja nicht immer direkt bei mir ist, wenn er das Verhalten zeigt, dass ich bestätigen möchte und bis ich ihm das Futter gegeben habe, verstreicht manchmal zu viel Zeit. Die Bestätigung sollte spätestens 3 Sekunden nach der Handlung kommen, da der Hund sonst keine oder die falsche Verbindung herstellt.

Der eigentliche Trick beim Hundetraining besteht also eigentlich nur darin, den Hund dazu zu bekommen, das Verhalten zu zeigen ;) aber dazu bald mehr.


Was habt Ihr für Erfahrungen mit Eurem Hund gemacht? Wie gehen Eure Hunde an neue Aufgaben heran?




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